Worte und Taten
„2021 – ein entscheidendes Jahr für die
forcierte Umsetzung einer Gleichstellung und Gleichberechtigung der
Geschlechter und von Gendergerechtigkeit“
Gedanken über das 7. jährliche Symposium zur
Rolle von Religion und Organisationen, die aus dem Glauben heraus handeln, in internationalen Angelegenheiten, am 26.
Januar, 2021.
Die
Teilnehmenden kamen online zusammen und beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit
der Überwindung der allgegenwärtigen Geschlechterungerechtigkeit und der
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts als ein wichtiges Element einer
Neugestaltung der Welt nach dem Ende der COVID-19 Pandemie. Das übergeordnete Ziel des Symposiums war
daher, eine Gelegenheit zu bieten, um gemeinsam darüber nachzudenken, wie das
Engagement für Gendergerechtigkeit ausgebaut werden kann, und die verschiedenen
Akteure zu animieren, ihr Bekenntnis zur Umsetzung von Gendergerechtigkeit zu
erneuern. Die Teilnehmenden untersuchten, wie Akteure und Institutionen, die
aus dem Glauben heraus handeln, mit Regierungen, den Vereinten Nationen und der
breiteren Zivilgesellschaft zusammenarbeiten können, um die Umsetzung einer
Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter und die Umsetzung von
Gendergerechtigkeit zu beschleunigen.
Einer der Redner war Ganoune Diop, Ph.D., ein
führender Intellektueller in interreligiösen Kreisen, der seit der Gründung des
G20 Inter-Faith Forum im Jahr 2014 dabei ist und sich auf Fragen der
Religionsfreiheit konzentriert. Er ist Direktor der Abteilung für öffentliche
Angelegenheiten und Religionsfreiheit der Kirche der
Siebenten-Tags-Adventisten. Ich werde mich auf seine Präsentation
konzentrieren.
Dr. Diop begann seinen Vortrag mit einer
Hommage an seine Mutter, die ihn gelehrt hatte, jedes menschliche Wesen zu
respektieren und zu ehren. Er fuhr dann fort zu erklären, dass im Laufe der
Geschichte Frauen das Hauptziel von Kriegen, Völkermorden, Menschenhandel,
häuslicher Knechtschaft und Sklaverei sowie der vielschichtigen Realität der
Ungleichheit der Geschlechter waren. Frauen sind in fast allen Bereichen ihres
Lebens mit Ungerechtigkeit konfrontiert. Bei der Beschreibung einiger der Übel,
unter denen Frauen leiden, stellte Diop fest, dass die Notlage, die Millionen
von Frauen in unserer heutigen Welt erleben, einfach unmenschlich ist.
Diops Hauptthese war, dass Frauen vollwertige
Menschen sind, die in keinem Bereich minderwertig sind. Dementsprechend ist es
einfach unmenschlich und menschenverachtend, Menschen aufgrund ihres
Geschlechts anders zu bewerten. Das Symposium war darauf ausgerichtet, die
Beschlüsse der Peking+25-Plattform zur Förderung der Frauenrechte zu
bekräftigen und zu bestätigen, wobei das Recht auf Gleichberechtigung eine
Schlüsselrolle spielt. Der Fortschritt wird in 12 kritischen Bereichen
gemessen, und es gibt noch viel zu tun:
1. Frauen
und Armut
2. Bildung
und Ausbildung von Frauen
3. Frauen
und Gesundheit
4. Gewalt
gegen Frauen
5. Frauen
und bewaffnete Konflikte
6. Frauen
und die Wirtschaft
7. Frauen
in Macht und Entscheidungsfindung
8. Institutionelle
Mechanismen
9. Menschenrechte
von Frauen
10. Frauen
und die Medien
11. Frauen
und die Umwelt:
12. Mädchen:
Besondere Formen von Gewalt und schädliche Praktiken
Nachdem er dies erwähnt hatte, fuhr Diop fort:
"Die Beschleunigung auf dem Weg zur vollen Gleichberechtigung in allen
Bereichen der Gesellschaft sollte auf dem soliden Fundament und der Bejahung
der vollen Humanität der Frau, ihrer vollen Würde, ihrer vollen Menschenrechte
und ihrer vollen Teilnahme als Akteurin am Leben der gesamten
Menschheitsfamilie beruhen. Es muss ein Gefühl der Dringlichkeit geben, um die
Herausforderung der verschiedenen Hindernisse zu überwinden. Unsere Welt ist in
einer Lage, in der der Schrei nach Gerechtigkeit - für alle - immer lauter
wird, besonders in einer Zeit der sozialen Unruhen und verschiedener Rückbesinnungen."
Indem er das Beispiel der Abschaffung der Sklaverei
im 19. Jahrhundert dafür aufgriff, was jetzt getan werden sollte, um die
Ungleichheit zwischen den Geschlechtern abzuschaffen, sagte Diop, dass es eine
Partnerschaft zwischen glaubensbasierten Organisationen und politischen
Institutionen war, die dazu führte, dass das Ziel der Abschaffung der Sklaverei
erreicht wurde. Indem er die Bedingungen beschrieb, unter denen Millionen von
Frauen in Angst leben, identifizierte er die Grundursache für das Vorenthalten
der eigenen Entscheidungsfreizeit als die Annahme, dass Frauen den Männern
unterworfen werden müssen. Diese Voreingenommenheit basiert auf ihrer
angeblichen Minderwertigkeit.
Diop listete dann die Probleme auf, mit denen Frauen konfrontiert sind:
- Geschlechterhierarchie
- Vermeintliche Minderwertigkeit der Frauen
- Instrumentalisierung von Frauen und Mädchen als Objekte für andere Mittel
- Missachtung des Gewissens der einzelnen Frau und ihrer Menschenwürde, was zu Zwangsehe und Leibeigenschaft führt.
- Verschiedene Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher Gewalt und öffentlicher Gewalt gegen Frauen.
- Menschenhandel mit Frauen und Mädchen (71% des Menschenhandels).
- Gefangenschaft in kulturellen Hegemonien und Traditionen, die sich z.B. in der Aufrechterhaltung der von den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen angeprangerten Geschlechtsverstümmelung ausdrückt.
- Fehlende Anerkennung der unverzichtbaren Arbeit von Frauen in der Friedensarbeit und der kreativen Beiträge zur Konfliktlösung, die Familien, Gemeinschaften und Länder davor bewahren, ihren sozialen Zusammenhalt zu verlieren.
Bei der Untersuchung der Ursachen für die
gegenwärtige Pandemie der Geschlechterungleichheit und Ungerechtigkeit
gegenüber Frauen stellte Diop fest: "Wie im Fall der Sklaverei wurde die
volle Menschlichkeit der Schwarzen vor Gerichten und sogar vor dem Obersten
Gerichtshof geleugnet. Es gab eine angebliche göttliche Billigung des
Hierarchismus. Die gleichen verzerrten Wahrnehmungen waren im Spiel, wenn es um
Frauen ging. Ihre angebliche Minderwertigkeit war eine Hauptvoraussetzung, um
ihre Unterwerfung, Unterordnung und Instrumentalisierung zu rechtfertigen."
Leider werden Frauen in vielen Gesellschaften immer noch als minderwertig
gegenüber Männern angesehen und dieses Konzept wird von Generation zu Generation
weitergegeben. Deshalb ist eine Erziehung, die zu Respekt und Solidarität mit
Frauen führt, so wichtig.
Diop zitierte auch Nelson Mandela, der sagte:
"Irgend jemandem seine Menschenrechte zu verweigern, bedeutet, seine
Menschlichkeit in Frage zu stellen" und fuhr fort: "Irgend jemandem
seine Gewissensfreiheit zu verweigern, bedeutet, seine Menschlichkeit zu
verweigern. Frauen irgendeine Eigenschaft ihres Menschseins abzusprechen,
bedeutet, ihre Menschlichkeit zu verleugnen. Die volle Humanität der Frauen
schließt ihre volle Gewissensfreiheit ein. Ohne Frauenrechte gibt es keinen
Frieden und keine Sicherheit, keine Gerechtigkeit und Entwicklung, keine
Menschenrechte, keine Rechtsstaatlichkeit, sondern nur allgegenwärtige Gewalt.
Ohne Geschlechtergleichheit und -gerechtigkeit wird der internationale
politische Diskurs unhaltbar und ebenso diskreditiert sich der religiöse
Diskurs ohne Geschlechtergerechtigkeit. In der internationalen Arena sind alle
Säulen der Vereinten Nationen in Gefahr, wenn Geschlechtergleichheit und -gerechtigkeit
nicht verwirklicht werden."
Das Ziel des Symposiums der
Geschlechtergleichheit und der Frauenrechte sei die Freiheit, die Emanzipation,
die Selbstbestimmung. Es geht um die Abschaffung der Unterwerfung und
Unterordnung von Menschen.
Diop benutzte ein Wort, das in vielen Köpfen
eine negative Konnotation hat, das meist mit der Headship-Theologie in
Verbindung gebracht wird, als er sagte: "Komplementarität statt
Konkurrenz, Zwang und Unterdrückung." Die komplementäre Theologie setzt
eine männliche Dominanz voraus. Nach seinem leidenschaftlichen Plädoyer für
Gleichheit und Gerechtigkeit müssen wir davon ausgehen, dass er das so nicht
gemeint hat. Ich würde gerne glauben, dass er meinte, dass gleichwertige
Menschen nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern sich ergänzen. Nur wenn
wir als Männer und Frauen zusammenarbeiten, werden wir Gerechtigkeit und
Gleichheit erreichen.
Zum Abschluss seines Vortrags forderte Diop
"eine neue Renaissance, die neue Möglichkeiten eröffnet, damit Individuen
aufblühen, Staaten gedeihen, Multilateralismus und friedliche Koexistenz zum
modus vivendi zum Wohle aller werden. Von zentraler Bedeutung für diese
Renaissance ist die Gleichstellung der Geschlechter, Gleichberechtigung und
Gerechtigkeit, die sich in der Förderung, der Bereitstellung und dem Schutz der
Rechte von Frauen ausdrückt. Letztlich geht es bei der Dringlichkeit, die
Gleichstellung, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit der Geschlechter zu
beschleunigen, um die Rettung von Leben, um die Befreiung von Menschen, die
unter unmenschlichen Bedingungen der Unterwerfung kriechen. Bei dieser
Renaissance geht es darum, nicht nur die Rechte der Frauen wiederherzustellen,
sondern auch ganz grundsätzlich ihr volles Menschsein; nicht länger Objekte,
Werkzeuge, Instrumente oder Sklaven, sondern vollwertige menschliche Wesen mit
heiligem Gewissen und Würde und dem Recht, zu ihren eigenen Bedingungen zu
träumen. Dies sollte dann in Maßnahmen umgesetzt, gefördert und geschützt
werden, um des Lebens, der Würde, der Ehre, des Respekts und der Solidarität
willen."
Während der virtuellen Präsentation hatten die
Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Kommentare im Chat abzugeben. Ein Kommentar
war: "Ich bin neugierig darauf, von Diop eine Erklärung zu hören, warum
seine Kirche gegen die Gleichstellung von Frauen bei der Ordination innerhalb
seiner eigenen Kirche gestimmt hat." Eine Erklärung für diese
Ungereimtheit habe ich nicht gehört. Wenn man sich auf die schrecklichen Folgen
von Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen im globalen Umfeld konzentriert,
macht man es sich leicht, die Bedeutung der Gleichberechtigung in einer Kirche
herunterzuspielen, die sich zumindest dazu bekennt, alle zu respektieren. Worte sind wichtig, aber wenn diese Worte
nicht in Taten umgesetzt werden, sind sie nicht viel wert. Die Einheit der
Gemeinde Christi ist eine der Grundüberzeugungen der Kirche der
Siebenten-Tags-Adventisten, und der offizielle Text wird hier zitiert:
„Die Gemeinde ist
ein Leib mit vielen Gliedern, herausgerufen aus allen Nationen,
Geschlechtern,
Sprachen und Völkern. In Christus sind die Gläubigen eine neue
Schöpfung. Rassische, kulturelle, bildungsmäßige, nationale, soziale und gesellschaftliche Unterschiede sowie Unterschiede zwischen Mann und Frau dürfen unter uns nicht trennend wirken. In Christus sind alle gleich, durch einen Geist zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander zusammengefügt. Wir sollen einander dienen, ohne Voreingenommenheit und Vorbehalt. Weil sich Jesus Christus in der Schrift offenbart hat, verbinden uns ein Glaube und eine Hoffnung – das bezeugen wir vor allen Menschen. Diese Einheit hat ihren Ursprung im Einssein des dreieinigen Gottes, der uns als seine Kinder angenommen hat. (Röm 12,4; 1 Kor 12,12-14; Mt 28,19.20; Ps 133,1;2 Kor 5,16.17; Gal 3,27.29; Kol 3,10-15; Eph 4,14-16; 4,1-6; Joh 17,20-23.)“
Ich möchte auf den Vergleich mit der
Abschaffung der Sklaverei zurückkommen. Wir wissen, dass, obwohl die Sklaverei
1833 in Großbritannien und am 31. Januar 1865 in den USA abgeschafft wurde, die
Rassendiskriminierung eine lange Geschichte bis in unsere Zeit hat. Selbst die
Bürgerrechtsbewegung und die 1968 beschlossenen Verbesserungen haben nicht alles
beseitigen können. Es gibt noch viel zu tun. Adventisten haben sich damals aktiv
für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt. Leider hat das Denken der weißen
Vorherrschaft in Teilen der Kirche die volle Umsetzung der
Nicht-Diskriminierung verhindert. Das Gleiche gilt für die Gleichberechtigung
der Frauen. Die frühen Adventisten unterstützten voll und ganz das Recht der
Frauen, genauso wie die Männer, an der Verkündigung des Evangeliums
teilzunehmen. Die gegenwärtige Position der Kirche in Bezug auf die volle
Gleichberechtigung der Frauen, insbesondere in Bezug auf die Frauenordination,
ist sehr bedauernswert und verletzend. Die Arbeitsrichtlinien erlauben nicht
nur, sondern schreiben sogar Diskriminierung im Zusammenhang mit der Ordination
vor. Manche würden argumentieren, dass eine Kirche ihre eigenen Statuten und
Vorschriften hat und wir Menschenrechtsfragen nicht in die Kirche einführen
sollten und dass es weltliches Denken ist, dies zu tun. Ich bin anderer
Meinung: Gott hat Mann und Frau als gleichwertige Menschen geschaffen, und wer
sind wir als Kirche, das zu ändern?
Dr. Diops Position des Respekts für die
Menschlichkeit aller und die Notwendigkeit der Gleichheit und
Gleichberechtigung für Frauen ist ermutigend. Ich hoffe, dass seine Stimme von
den anderen Leitern seiner Kirche gehört wird.
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