Wie ich Feminismus verstehe (8) Wie Männer sich für Frauen einbringen können


Vor einiger Zeit schickte mir eine Freundin die DVD des Schweizer Films: "Die göttliche Ordnung". Auf der Begleitkarte schrieb sie: "An Hannele, die engagierte Frauenrechtlerin, die mir immer wieder Inputs zum Nachdenken gibt." Der Film handelt davon, wie sich die Frauen in der Schweiz endlich von der Vorstellung lösen konnten, dass die Unterordnung der Frau unter den Mann die göttliche Ordnung sei.

Das Frauenstimmrecht

Die Gesetze wurden allgemein von Männern verabschiedet, die die politische Macht hatten und den Frauen das Recht auf politische Mitwirkung verwehrten. Da sie den Frauen das Wahlrecht nicht freiwillig geben wollten, mussten Frauen ihre Rechte einfordern und dafür kämpfen. Gleiche politische Macht bedeutete, dass die Männer den Frauen ein Mitspracherecht einräumen mussten und nicht mehr alleine herrschen konnten. Das Abgeben von Macht war sicherlich schmerzhaft. In der Schweiz, einem der letzten europäischen Länder, das 1971 den Frauen das Wahlrecht gab, kam die Veränderung sicher durch den Aktivismus der Frauen zustande, aber wahrscheinlich auch, weil es für ein modernes, demokratisches Land einfach peinlich war, Frauen von der Politik auszuschließen. In einer vorangegangenen Volksabstimmung im Jahr1959 hatten die Schweizer Männer mit deutlicher Mehrheit gegen die Einführung des Frauenstimmrechts gestimmt. Die männlichen Bürger hatten ihre Macht nicht teilen wollen und somit ihren Müttern, Schwestern, Ehefrauen und Töchtern die demokratischen Rechte verweigert.

Eine göttliche Ordnung?

Das Patriarchat ist eine Perversion von Gottes ursprünglichem Plan für die Menschheit bei der Schöpfung, als er Mann und Frau nach seinem Bild als gleichberechtigte Partner schuf. Die Tatsache, dass Frauen während des größten Teils der Weltgeschichte dem Patriarchat unterworfen waren, macht es nicht zu einer göttlichen Ordnung. Das neue Buch von Beth Allison Barr "The Making of Biblical Womanhood - How the Subjugation of Women became Gospel Truth" (Die Entstehung der biblischen Weiblichkeit - Wie die Unterwerfung der Frau zur Wahrheit des Evangeliums wurde), widerlegt dieses Konzept eindeutig und detailliert. Deshalb werde ich hier nicht darauf eingehen. Dennoch verweigern viele Gemeinden die Gleichbehandlung von Frauen. Die rein männliche Leitung verweigert Frauen die volle Teilnahme an der Mission und am Dienst der Gemeinde. Da Frauen in den Entscheidungsgremien praktisch kein Mitspracherecht haben, sind sie immer noch auf den Großmut oder die Peinlichkeit der Männer angewiesen, um Veränderungen herbeizuführen.

Ein Freund, der mein Buch “Tired of Waiting – Women in Church and Society” "(Des Wartens müde - Frauen in Kirche und Gesellschaft), gelesen hat, warnte davor, die Grenze zwischen Befürwortern und Gegnern der Frauenordination nach dem Geschlecht zu ziehen. Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Männern in der Kirche, die die Gleichstellung der Geschlechter bei der Ordination unterstützen, ebenso wie Frauen, die dagegen sind. Aber dennoch, zumindest in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten liegen die politischen Entscheidungen größtenteils in den Händen der obersten Leiter, und die Mehrheit dieser Leiter sind Männer. Sie haben die Macht, selbst scheinbar demokratische Entscheidungen zu beeinflussen. Ich vermute, dass viele ihrer Kollegen in der Leitung den gegenwärtigen Führungsstil nicht unterstützen, aber schweigen, in der Hoffnung, dass jemand anderes seine Stimme erhebt.  Ich wünschte, sie würden von den führenden Persönlichkeiten der Welt lernen, die sich für die Stärkung der Frauen einsetzen und die erkannt haben, dass die Welt von der Gleichstellung der Geschlechter nur profitieren kann.

Ich muss zugeben, dass es radikale Feministinnen gibt, die dem Wort Feminismus einen negativen Touch gegeben haben. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was unter dem Deckmantel des Feminismus geschieht. Es gibt aggressive und extreme Facetten, die ich nicht teile. Aber es ist unfair, ein ganzes Konzept über Bord zu werfen, nur weil einige Teile fehlerhaft sind. Solange Männer sich weigern, Macht zu teilen und Frauen gleichberechtigt und respektvoll zu behandeln, müssen Frauen aktiv für mehr Gerechtigkeit arbeiten. Ich möchte Simone de Beauvoir zitieren, die sagte: "Vergessen Sie nie, dass es nur eine politische, wirtschaftliche oder religiöse Krise braucht, um die Rechte der Frauen in Gefahr zu bringen. Diese Rechte dürfen niemals als selbstverständlich angesehen werden; wir müssen ein Leben lang wachsam bleiben." Aber heute sind Frauen nicht allein. Es gibt eine wachsende Zahl von Männern, die sich nicht scheuen, als Feministen bezeichnet zu werden. Globale Führungspersönlichkeiten fordern die Gleichstellung der Geschlechter.

#HeForShe ist ein von UN Women initiiertes Programm, das Männer und Jungen auf der ganzen Welt dazu einlädt, sich mit Frauen und Mädchen solidarisch zu zeigen, um die Gleichstellung der Geschlechter zu verwirklichen. Emma Watson ist eine junge britische Schauspielerin, die vor allem durch ihre Rolle als Hermione Granger in den acht Harry-Potter-Filmen bekannt wurde. Im Jahr 2014 wurde Watson von den Vereinten Nationen zur U.N. Women Botschafterin ernannt, um sich für diese Gleichstellungskampagne einzusetzen. Beim Stadt der Initiative hielt sie am 20. September 2014 eine Rede über die Ungleichheit der Geschlechter, in der sie den Feminismus ansprach. Sie sagte: "Fürs Protokoll, Feminismus ist per Definition der Glaube, dass Männer und Frauen gleiche Rechte und Chancen haben sollten. Es ist die Theorie der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gleichheit der Geschlechter.... Aber meine jüngsten Nachforschungen haben mir gezeigt, dass Feminismus ein unpopuläres Wort geworden ist. Frauen scheuen sich davor, sich als Feministinnen zu bezeichnen. Anscheinend gehöre ich zu den Frauen, deren Äußerungen als zu stark, zu aggressiv, isolierend und männerfeindlich angesehen werden. Unattraktiv, sogar." Sie fuhr fort, indem sie die Männer herausforderte, die Aufgabe zu übernehme Leute das Wort Feminismus nicht, aber es geht nicht ums Wort. Es geht um die Idee und das Ziel dahinter.

Sie beendete ihre Rede mit den Worten: "Wir ringen um ein vereinigendes Wort, aber die gute Nachricht ist, dass wir eine Bewegung haben die uns eint. Sie heißt HeForShe. Ich lade Sie ein, vorzutreten, sich zu zeigen und sich zu fragen: "Wenn nicht ich, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann?"

In den Informationen über die HeforShe-Bewegung auf Facebook lesen wir: "Die Solidaritätsbewegung von UN WOMEN für die Gleichstellung der Geschlechter bringt die eine Hälfte der Menschheit dazu, die andere Hälfte gemeinsam zu unterstützen, zum Wohle aller." Weiter geht es mit genaueren Informationen:

HeForShe ist die Solidaritätsbewegung von UN Women für die Gleichstellung der Geschlechter. HeForShe verändert das traditionelle Bild, um inklusiver zu sein und anzuerkennen, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein Gewinn für alle ist. HeForShe lädt Männer ein, sich an der Gleichstellungsbewegung zu beteiligen, um die Frauen in ihrem Leben zu unterstützen, aber auch als Individuen, die von einer geschlechtergerechten Welt profitieren. HeForShe arbeitet daran, Fragen der Gleichstellung zu beleuchten, insbesondere Genderstereotypen und Vorurteile, die für alle Geschlechter schädlich sind. Gleichberechtigung kann nicht erreicht werden, wenn wir nicht alle gleichwertig sind, und genau darum geht es bei HeForShe - Gleichberechtigung für alle.

Seit dem Start am 20. September 2014 bei den Vereinten Nationen durch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und UN Women Botschafterin Emma Watson haben sich Hunderttausende von Männern aus der ganzen Welt, darunter Staatsoberhäupter, Manager und Prominente aus allen Bereichen des Lebens für die Gleichstellung der Geschlechter eingesetzt.

HeforShe-Gipfel 2021

Das HeForShe Gipfeltreffen am 27. Mai 2021 zog Bilanz über die Fortschritte der letzten sechs Jahre. Eine Gruppe von 35 führenden Persönlichkeiten ist entstanden, die sich verpflichtet haben die dringendsten Probleme anzugehen. Sie sind Präsidenten, Premierminister, Führungskräfte in Wirtschaft und Bildung und werden HeForShe Champions genannt. Bei dem virtuellen HeForShe Summit berichteten sie von ihren Methoden, die darauf abzielen, den positiven Fortschritt zu beschleunigen.

"Ich freue mich, dass jeder der HeForShe-Champions seine Erfahrungen teilt und seine bewährten Lösungen vorstellt", sagte Phumzile Mlambo-Ngcuka, Exekutivdirektorin von UN Women. "Nach dem heutigen Tag, an dem unsere Partner fast 40 Lösungen vorgestellt haben, kann niemand mehr sagen, er wüsste nicht, wo er anfangen soll. Keiner kann ein Zuschauer sein."

Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair fügte hinzu, dass Männer benötigt werden, um die globale Initiative zu unterstützen. Männliche Führungskräfte seien Teil der Lösung. "Die Gleichstellung der Geschlechter, die Förderung der Rechte von Frauen und Mädchen, ist eine gerechte Sache und geht jeden an", sagte er. "Deshalb ist es so wichtig, dass Männer und männliche Führungskräfte, die so oft Teil des Problems waren, jetzt Teil der Lösung werden."

Adventistische HeForShe-Kampagne?

Die Welt braucht das Engagement und den Einfluss von Frauen in allen Bereichen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir zum Wohle aller zusammengebracht werden. Aber nicht nur die Welt braucht Frauen, auch die Kirche braucht sie. Ich frage mich, ob wir eine adventistische HeForShe-Kampagne starten könnten, bei der die Leiter der weltweiten Kirchen für die Stärkung der Frauen eintreten? Könnten Vereinigungs-, Verbands- und Divisionspräsidenten und ihre Exekutivkomitees sich verpflichten, die Gleichberechtigung der Geschlechter innerhalb der Kirche voranzutreiben? Einige haben bereits ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht und könnten als Gründungsmitglieder und Champions der Initiative bezeichnet werden.

Die HeForShe-Bewegung wurde 2014 vom Generalsekretär der Vereinten Nationen initiiert und hat seitdem Unterstützung von Regierungs- und Wirtschaftsführern erhalten. Dies hat dem Projekt einen offiziellen Charakter verliehen. Wir können vielleicht nicht erwarten, dass die Generalkonferenz der Siebenten-Tags-Adventisten ein ähnliches Programm initiiert. Aber könnte nicht eine Graswurzelbewegung eine #Adventist-HeForShe-Kampagne starten, mit einer Petition und einer Plattform, auf der adventistische Führungspersönlichkeiten, sich einbringen und ihre Unterstützung der Gleichberechtigung zeigen? Wir sind so gut darin, über Dinge zu reden. Wie wäre es, wenn wir jetzt, wo die Vollversammlung der Generalkonferenz vor der Tür steht, handeln würden? Wie Emma Watson sagte: "Wenn nicht ich, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann?"

 

Weitere Informationen zu #HeForShe:
 https://www.heforshe.org/en/celebrities-and-world-leaders-government-business-academia-convene-un-womens-global-heforshe-summit

 HeForShe-Kanal auf Youtube: https://www.youtube.com/user/heforshe

 

                                                Grafik: UN Women HeForShe Summit

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