Wie ich Feminismus verstehe (6) Frauen in der frühen Kirche

 

Die ersten Nachfolger Jesu folgten seinem Vorbild und Frauen waren wie selbstverständlich an ihren Versammlungen beteiligt. Die Bibel erwähnt mehrere Frauen, die zu seinen Lebzeiten und in der frühen Kirche zu seinen Nachfolgern gehörten. Die zwölf Jünger waren zwar alle Männer, aber es gab einen weiteren Kreis von Anhängern, die ihn von Anfang an bis zum Ende begleiteten. Die in Lukas 8,1-3 erwähnten Frauen gehörten wahrscheinlich zu diesen 70 Anhängern, dem größeren Jüngerkreis. Nach Jesu Auferstehung und Himmelfahrt pflegten die Jünger Gemeinschaft mit diesen Frauen: "Sie alle kamen regelmäßig zum Gebet zusammen, gemeinsam mit Maria, der Mutter von Jesus, einigen anderen Frauen und den Brüdern von Jesus." (Apostelgeschichte 1,14 NLB)

In seiner Pfingstpredigt zitierte Petrus den Propheten Joel: "»In den letzten Tagen«, spricht Gott, »werde ich meinen Geist über alle Menschen ausgießen. Eure Söhne und Töchter werden weissagen, eure alten Männer werden prophetische Träume und eure jungen Männer Visionen haben.  In diesen Tagen werde ich meinen Geist sogar über Diener, ob Mann oder Frau, ausgießen, und sie werden weissagen«.“ (Joel 3,1+2). Die Jünger waren überzeugt, dass sich diese Prophezeiung gerade erfüllte.

Die Bibel sagt: "Sie alle kamen regelmäßig zum Gebet zusammen, gemeinsam mit Maria, der Mutter von Jesus, einigen anderen Frauen und den Brüdern von Jesus." (Apostelgeschichte 1,14 NLB). Die Urgemeinde versammelte sich zum Gebet, und der Heilige Geist kam auf alle herab, die im Raum waren. "Am Pfingsttag waren alle versammelt….Dann erschien etwas, das aussah wie Flammen, die sich zerteilten, wie Feuerzungen, die sich auf jeden Einzelnen von ihnen niederließen. Und alle Anwesenden wurden vom Heiligen Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu sprechen, wie der Heilige Geist es ihnen eingab“ (Apostelgeschichte 2:1+3+4 NLB).

Wir vergessen oft, dass die Bibel dies sagt und denken nur an die Apostel, die in Zungen redeten. Aber Petrus erklärte, warum sogar die Frauen sprachen/predigten, indem er den Propheten Joel im Alten Testament zitierte und sagte: "In diesen Tagen werde ich meinen Geist sogar über Diener, ob Mann oder Frau, ausgießen, und sie werden weissagen."

Ist es nicht der Heilige Geist, der seine Nachfolger*innen für den Dienst bevollmächtigt und "ordiniert"? Die Idee, dass Frauen nicht in der jungen Gemeinde mitarbeiten sollten, war noch nicht aufgekommen. Nun musste diese Erfahrung der Ausgießung des Heiligen Geistes auf alle ihre Berufung bestätigt haben.

Dann waren da noch die Hausgemeinden. Das Brotbrechen in den Häusern bezog sicherlich die Frauen mit ein. Viele dieser Hausgemeinden wurden von Frauen wie Lydia und Priscilla geleitet.

Der Apostel Paulus zeigt seine Wertschätzung für seine Mitarbeiterinnen auch in seinen Grüßen an die Gemeinde in Rom, wo er in Römer 16 mehrere Frauen namentlich erwähnt: Phöbe, eine Diakonin der Gemeinde in Kenchreae; Priscilla; Maria; Junia, die Apostelin; Tryphena und Tryphosa; Persis, die Mutter des Rufus; Julia, die Schwester des Nereus.

Zahlreiche Manuskripte wurden nicht in den biblischen Kanon aufgenommen, aber sie zeigen, dass Frauen in der frühen Kirche in Führungsrollen dienten. Viele Christen wissen heute nicht viel über die außerkanonischen Bücher, weil diese Evangelien im 4. Jahrhundert nicht in die Listen der Bücher aufgenommen wurden, aus denen unsere heutige Bibel zusammengestellt wurde. Rund um das Mittelmeer betrachteten jedoch viele Anhänger Jesu diese Evangelien als heilig und übersetzten sie in dieselben Sprachen wie die kanonischen Evangelien, z.B. das Protevangelium des Jakobus (2. Jahrhundert) und das Evangelium des Bartholomäus.

Andere frühchristliche Autoren beschrieben die Mutter Jesu als eine Fürsprecherin der Frauen. In den ältesten Texten wird Maria, die Mutter Jesu, als jemand dargestellt, die liturgische Autorität hat, Weihrauch darbringt, ihre Hände zum Segen erhebt, tauft, lehrt, predigt und Evangelisten aussendet.

Römische und griechische Schriftsteller wiesen darauf hin, dass Frauen als Leiterinnen in der Jesus-Bewegung in der Mehrheit waren.  Plinius der Jüngere befragte zwei Frauen, die er ministrae nannte. Der griechische Philosoph Celsus zählte Gründerinnen verschiedener christlicher Gruppen auf - und fünf der sieben genannten waren Frauen - Helena, Marcellina, Salome, Mariamne und Martha. Einige Erzählungen zeigen heilige Frauen, die predigten, lehrten, heilten, exorzierten und Menschen tauften, genau wie die männlichen Apostel.

Artefakte und Fresken aus frühester Zeit zeigen Frauen, die liturgische Zeremonien durchführen, mit zum Segen erhobenen Händen oder dem Tragen des Weihrauchfasses.  Im Jahr 494 n. Chr. schrieb Papst Gelasius I. als Reaktion auf Berichte über den Dienst von Frauen am Altar in Süditalien einen Brief, in dem er die Teilnahme von Frauen an der Feier der Eucharistie verurteilte und argumentierte, dass diese Aufgaben ausschließlich Männern vorbehalten seien.

Das Bild einer Frau namens Cerula aus dem 5. Jahrhundert, das 1971 in der Katakombe von San Gennaro in Neapel gefunden wurde, zeigt sie umgeben von geöffneten, flammenden Büchern/Evangelien, die symbolisch für die Rolle eines Bischofs stehen.

Wann also verloren Frauen ihre Stimme und Führungsrolle? Viele Kirchenväter äußerten sich zu der Ordination von Frauen gar nicht. Aber Clemens von Rom lehrte, dass die Apostel nur Männer zu ihren Nachfolgern wählten. Das Konzil von Laodizea (363-364 n. Chr.) verbot die Ordination von Frauen in das Presbyterium. Einer der Gründe, warum die katholische Kirche im 12. Jahrhundert die Gruppe von Christen verfolgte, die die Armen von Lyon oder Waldenser genannt wurden, scheint die Tatsache gewesen zu sein, dass Männer und Frauen gleichermaßen in der Verkündigung des Evangeliums aktiv waren. Sie forderten die Autorität der Kirche als alleinige Auslegerin der biblischen Wahrheit heraus.

Wir haben vielleicht den Eindruck bekommen, dass das Priesteramt, wie es heute in der katholischen Kirche nur Männern vorbehalten ist, schon immer nur Männern ausgeübt wurde. Die Geschichte beweist das Gegenteil. Die Urgemeinde war offen für den Dienst von Männern und Frauen in Leitungsaufgaben.

In meinem nächsten Blog werde ich mir den Apostel Paulus ansehen und was er über Frauen schrieb.

 

Foto: marioraffa.eu

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