Wir sollten etwas tun
Der ehemalige
finnische Präsident Mauno Koivisto (1982-1994) war für seine kryptischen Worte
bekannt. Eine der bekanntesten Phrasen, die er immer wieder in seinem Dialekt verwendete,
war: "Tarttis tehrä jotain" - "Wir sollten etwas tun". Auch
wenn er nicht genau wusste, was getan werden sollte, war er optimistisch, dass
sich die Dinge von selbst regeln würden, solange wir etwas tun. Eine andere
seiner Lieblingsredewendungen war "Kyllä se siitä" - "Es wird
schon werden". Es ist eine tröstliche Redewendung, die besagt, dass man
auch schwierige Situationen überstehen kann.
An diese
Worte wurde ich in der letzten Zeit erinnert, als es um die Frage der
Frauenordination in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten still zu werden
schien. Nach der katastrophalen Jahresversammlung 2019, bei der mehrere
Organisationen der Kirche eine Verwarnung wegen Nichteinhaltung der Regeln erhielten,
wurde die Angelegenheit ignoriert, in der Hoffnung, dass sich der Aufruhr legen
würde. Zumindest ist das der Eindruck, den ein "normales" Gemeindeglied
wie ich bekommt. Ich weiß nicht, welche Diskussionen auf den obersten Ebenen
der Kirche stattgefunden haben, aber ich habe gehört, dass Leute sich fragen,
warum in dieser Angelegenheit ein großes Schweigen herrscht. Was geht hier vor?
Passiert etwas? Warum hören wir nichts? Tut jemand etwas?
Wir sollten
etwas tun. Ja, aber was? Können wir darauf vertrauen, dass am Ende alles gut
wird und dass wir die schwierige Situation, in der wir als Gemeinde sind,
überleben werden? Werden sich die Dinge von selbst regeln, wenn wir nichts tun?
Ich, für meinen Teil, bin es leid, darauf zu warten, dass etwas passiert.
Deshalb habe ich mein Buch Tired of
Waiting[1]
mit einem Aufruf zum Handeln geschrieben.
In diesem
Zusammenhang hat es in den letzten Monaten einige interessante Entwicklungen
gegeben. Am 25. April stimmte das Exekutivkomitee des Norddeutschen Verbandes
dafür, den auf Eis gelegten Beschluss der Delegiertentagung von 2012
umzusetzen.[2] Wir
hören von immer mehr Frauen, die als Pastoren beauftragt werden, und obwohl ich
mir wünschte, dass sie wie ihre männlichen Kollegen behandelt würden, zeigt es
zumindest, dass Frauen als Pastoren in unserer Kirche arbeiten und nicht
aufgeben. Die South-Puerto-Rico-Vereinigung hat ihre erste Pastorin angestellt:
Abigail Babilonia wurde zur Leiterin der Jugendarbeit, zur Leiterin von ADRA
und zur Pastorin einer Gemeinde ernannt. Die Australische Union hat die
Unterstützung für Frauen im Predigtamt bekräftigt.[3]
Frauen sind schon länger als Pastorinnen in der Südpazifischen Division
akzeptiert worden, und sogar auf den Inseln der Pazifik sind sie Vorreiter in
Sachen Frauen in Leitungspositionen. In Bolivien predigen Tausende von Frauen
in der Evangelisation und zeigen, dass Gott immer noch Frauen zur Verkündigung
des Evangeliums beruft.[4]
Die Bayerische Vereinigung Union ernannte ihre erste
Gleichstellungsbeauftragte.[5]
Sandra E. Roberts wird zur Exekutivsekretärin der Pazifischen Unionskonferenz
in der NAD ernannt. In vielen Teilen der Welt gibt es eine wachsende Zahl von
Frauen in Führungspositionen. Adventistische Universitäten haben Rektorinnen. Das Exekutivkomitee der Südamerikanischen
Division hat am 8. Juli 2021 beschlossen, die Einsegnung von Frauen als
Gemeindeälteste auf lokaler Ebene für das ganze Gebiet der Division
gutzuheißen. Das ist für diese Region eine beachtliche Welle.[6]
Diese mögen nur wie kleine Wellen auf der
Oberfläche der großen Stille aussehen, aber kleine Wellen können große Wellen
erzeugen, so wie kleine Bäche einen großen Fluss bilden können, wenn genügend
Rinnsale zusammenfließen.
Eine solche
Welle entstand am vergangenen Sonntag (4. Juli) bei der Delegiertentagung der
Bayerischen Vereinigung, die zur Süddeutschen Union gehört. Vorgelegt von den Pastoren
der Konferenz, wurden drei Anträge angenommen: (1) Wir beauftragen den Vorstand
der BYV, sich aktiv dafür einzusetzen, dass wir innerhalb der FID eine
einheitliche Segnungspraxis im Sinne der ministerial credential leben, die
Frauen und Männer im geistlichen Dienst gleichberechtigt und gleichermaßen
bevollmächtigt. (2) Wir beauftragen den Vorstand der BYV entsprechend der Wahl-
und Geschäftsordnung des Süddeutschen Verbandes auf der kommenden
Delegiertentagung des Süddeutschen Verbandes einen Antrag zu stellen, dass für
Frauen und Männer im geistlichen Dienst gleichermaßen vollumfänglich eine
einheitliche Segnungspraxis im Sinne der ministerial credential umgesetzt wird.
(3) „Vorbehaltlich der Zustimmung des SDV segnen wir ab sofort alle Angestellten
im geistlichen Dienst im Kontext der Bayerischen Vereinigung vollumfänglich
unabhängig ihres Geschlechts und sehen diese Segnung als kirchenrechtlich
verbindliche Ordination an.
Das bedeutet,
dass die Freikirche in Bayern dafür gestimmt hat, Männer und Frauen unabhängig
von ihrem Geschlecht zu ordinieren - vorausgesetzt, die Süddeutsche Union gibt
ihre Zustimmung dazu. Der Ball liegt nun im Feld des Verbandes und wir können
nur abwarten, in welche Richtung er ihn schlagen wird.
Manchmal muss
eine Veränderung durch Druck von der Basis geschehen. Es war eigentlich schon
immer so, dass Veränderungen sich so zugetragen haben. Ich zögere, auf die
Revolutionen hinzuweisen, die die Welt verändert haben - sei es in Frankreich,
Amerika oder Russland oder in anderen Ländern. Die Pastoren, die diese Anträge
eingebracht haben, wollten keine Rebellion anzetteln. Keine der Vereinigungen
oder Verbände will die Einheit der Kirche in Frage stellen. Sie wollen eine
friedliche Änderung den Arbeitsrichtlinien, damit die Kirche dem gerecht wird,
was sie in ihrem Glaubensgrundsatz Nr. 14 bekennt: "Rassische, kulturelle,
bildungsmäßige, nationale, soziale und gesellschaftliche Unterschiede sowie
Unterschiede zwischen Mann und Frau dürfen unter uns nicht trennend wirken. In
Christus sind alle gleich, durch einen Geist zur Gemeinschaft mit ihm und
untereinander zusammengefügt. Wir sollen einander dienen, ohne
Voreingenommenheit und Vorbehalt.“
Vielleicht
sollten wir aufmerksamer auf die kleinen Wellen hören, die sich in der
Weltkirche ereignen, und beten, dass sie zunehmen, bis sie eine Welle erzeugen,
die nicht mehr ignoriert werden kann. Vielleicht werden am Ende die Dinge doch
noch in Ordnung sein.
[1] https://amzn.to/2ScmUZR
[2]
https://womansoutlook.blogspot.com/2021/04/punishment-leads-to-progress-if-you-are.html
https://spectrummagazine.org/news/2021/north-german-union-votes-ordain-women-and-men-equally-pastoral-ministry
[3] https://atoday.org/australian-union-conference-strengthens-support-for-women-in-ministry/
[4] https://www.adventistreview.org/church-news/story16469-adventist-women-spearhead-evangelism-efforts-in-bolivia
[5] https://atoday.org/german-conference-appoints-first-gender-equality-officer/
[6] https://noticias.adventistas.org/pt/noticia/institucional/igreja-vota-documento-para-fortalecer-ancionato/
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