Pakistan und die Gewalt gegen Frauen
Pakistan
ist einer der gefährlichsten Orte der Welt für Frauen. Frauenmorde sind so
"normal", dass sie kaum in den Nachrichten erscheinen. Frauen sind
durch die Gesetzgebung nicht vor häuslicher Gewalt geschützt. Einem
Polizeibericht zufolge wurde Noor Mukadam, eine 27-jährige Frau, am 20. Juli
von einem Bekannten ermordet. Da dieser Mord in einer wohlhabenden Umgebung
geschah und das Opfer die Tochter eines angesehenen pakistanischen Botschafters
war und der mutmaßliche Täter der Sohn einer einflussreichen Familie ist, hat
der Fall Interesse geweckt. In Islamabad gab es mehrere Mahnwachen, bei denen
Menschen Kerzen für Noor Mukadam anzündeten.
Nach
Angaben ihres Vaters war Noor Mukadam ein künstlerisches, sanftmütiges Mädchen,
das "Tiere liebte und ihre Familie zum Lachen brachte". Ihre
Schwester Sarah beschrieb sie als eine "wunderbare Person", die die
Welt verändern wollte: "Sie war hier, um die Welt zu verändern, sie hat
immer davon gesprochen. Da sie meine jüngere Schwester ist, wimmelte ich sie
gewöhlich ab sagte: 'Was meinst du damit, du willst etwas tun'?"
Der
Tod von Noor Mukadam hat die Aufmerksamkeit auf die Notlage von Frauen und
Mädchen in Pakistan gelenkt, wo die Gewalt gegen sie laut einem Länderbericht
von Human Rights Watch aus dem Jahr 2020 ein "ernstes Problem"
darstellt. Oft findet die Gewalt innerhalb der Ehe statt und wird nicht
gemeldet, weil sie als kulturelle Norm angesehen wird. Aktivisten sagen, dass
es nicht nur gesellschaftliche Normen sind, die Frauen davon abhalten,
Missbrauch zu melden - auch das Rechtssystem ist gegen sie gerichtet.
Die
Anwältin und Frauenrechtlerin Sahar Bandial sagte, das pakistanische
Strafrechtssystem betrachte Vergehen gegen häusliche Gewalt als
"Privatangelegenheit" zwischen Paaren und Familien. Das
Strafrechtssystem muss komplett überarbeitet werden, um Frauen und Überlebende
in den Mittelpunkt zu stellen.
Premierminister
Khan bezeichnete den Tod von Mukadam als "Tragödie", aber es dauerte
lange, bis er sich dazu äußerte.
Aktivisten
fordern nun das pakistanische Parlament auf, ein Gesetz zu verabschieden, das
häusliche Gewalt unter Strafe stellt. Sie befürchten, dass der konservative Rat
für islamische Ideologie seinen Einfluss auf die Gesetzgebung nutzen wird, um
das Gesetz zu verhindern und damit die Botschaft zu vermitteln, dass Gewalt
gegen Frauen in ihren eigenen vier Wänden erlaubt oder sogar geduldet ist. Es
gibt kein nationales Gesetz, obwohl einige Provinzen häusliche Gewalt
verbieten, aber keine strafrechtlichen Sanktionen vorsehen. In anderen Teilen
Pakistans haben die Frauen keine Möglichkeit, sich zu wehren.
Noors
Schwester und andere hoffen nun, dass ihr Tod zu Veränderungen führt - und den
Anstoß für strengere Gesetze zum Schutz von Frauen vor Gewalt gibt. "Ihr
Opfer wird die Welt verändern und Frauen werden wegen Noor für ihre Rechte
kämpfen. Wir werden sie für immer vermissen", sagte sie. Vielleicht wird
Noor die Welt doch noch verändern. Aber was für eine Tragödie, dass sie für
diese Veränderung sterben musste.
Pakistan
ist nicht das einzige Land, in dem Frauen nicht damit rechnen können, vor
Gewalt geschützt zu werden. Sollten wir nicht versuchen, die Welt zum Besseren
zu verändern?
Foto: CNN
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