Frauen tragen die Hälfte des Himmels
Dass
dieses Zitat von Mao Tse-Tung stammt wurde mir erst klar, als Pastorin Rebekah
Liu aus China bei einem Adventist Today
Sabbat-Seminar am 9. Oktober 2021 als Referentin sprach. Die junge, sympathische
und begeisterte ordinierte Pastorin berichtete über die Geschichte und den
aktuellen Stand der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in China. Als in
China alle Kirchen, die am Sonntag ihre Gottesdienste feiern, vom Staat in die Drei-Selbst-Patriotische Bewegung
zusammengeschlossen wurden, blieben die Adventisten wegen des Sabbats
eigenständig, aber die Verbindungen zur Weltkirche (Generalkonferenz) wurden
gekappt. So blieben sie auch was die Kirchenverwaltung angeht selbständig. Das
trug auch dazu bei, dass sie Männer und Frauen zum Pastorenamt ohne Unterschied
ordinieren.
In
China hat die Kirche die Frauen befreit. Frauen waren dem Vater untertan, ihre
Füße wurden gebunden und damit ihre Beweglichkeit eingeschränkt, und sie wurden
in der Ehe auch dem Ehemann unterworfen. Die drei Schwerpunkte der
Frauenemanzipation in China bestanden aus der Befreiung der Meinung, der Füße
und der Einschränkungen der Ehe. Die Kirche setzte dabei auf Bildung und
gründete Schulen für Mädchen. „Die Schulen der Christlichen Kirchen für Frauen
brachten die ersten intellektuellen und professionellen Frauen in China hervor,
die Pioniere der Frauenemanzipation in China wurden.“[1]
Wenn
man bedenkt, dass Mao-Tse-Tung erkannt hat, dass Frauen die Hälfte des Himmels
tragen, wird auch klar, warum er auf die Hälfte der Bevölkerung nicht
verzichten wollte. Die Ziele der kommunistischen Partei in China (ab 1949) für
Frauen sind Arbeitsstellen für Frauen, Bildung für Frauen, und Freiheit der Ehe
für Frauen zu gewährleisten. Somit können Frauen in China selbstbestimmt leben.
Aber
auch in der Kirche tragen die Frauen die Hälfte des Himmels, wenn nicht mehr.
Pastorin Liu erklärte das starke Wachstum in der chinesischen Kirche mit der
Verfolgung, aber auch mit dem Einfluss von Pastorinnen, die sich um die Kirchen
und ihre Mitglieder kümmern. Frauen sprechen Menschen anders an als Männer.
Zurzeit gibt es etwa 26 ordinierte Pastorinnen in der chinesischen Kirche der
Siebenten-Tags-Adventisten, und sie sind froh, dass die Kontroverse um die
Frauenordination in der Weltkirche sie nicht betrifft und sie in Ruhe ihre
Arbeit tun können.
In
einem im Radio Vatikan im September 2021 ausgestrahlten Interview sagte
Kardinal Walter Kasper
„Frauen werden größere Rolle spielen“ in der Kirche der Zukunft. „Das haben wir etwas verschlafen, würde
ich schon meinen. Zwar habe sich die katholische Kirche in
vielen Ländern mit patriarchalischer Kultur für die Würde der Frau und die
Gleichberechtigung eingesetzt, so Kasper. „Aber innerkirchlich haben wir das
doch sehr verschlafen, und jetzt holt man das ein bisschen im Schnelltrip
wieder ein, aber so etwas geht nicht von heute auf morgen.“ Für die Kirche sei eine stärkere Rolle der Frau
ausgesprochen wichtig: „Man kann nicht einfach die Hälfte der Menschheit da
ausschließen! Die Frauen haben da einen großen Beitrag zu leisten; sie sehen
vieles anders und packen vieles anders an als wir Männer, und das kann sich
dann ergänzen.“ [2]
Allerdings hält der deutsche Kardinal das Thema Frauenordination nicht für
reif, weil es nur universalkirchlich entschieden werden kann.
Etwa gleichzeitig sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntag): „Gleichzeitig muss die Debatte
darüber weitergeführt werden, welche theologischen Argumente im Jahr 2021 noch
tragen, die Frauen weiterhin von der Weihe ausschließen.“ Sternberg nannte es
ein in die Zukunft gerichtetes Zeichen, dass die Bischofskonferenz im Herbst
2021 erstmals unter Leitung der neuen Generalsekretärin Beate Gilles tagt. „Es
ist ein sehr gutes und wichtiges Signal, dass erstmals eine Frau diese
Schlüsselposition innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz besetzt hat und
ausfüllen wird“, so der ZdK-Präsident.[3]
Die
Kirche braucht Erneuerung. Wenn es nicht so schwer wäre, eine Aussage eines
früheren Papstes außer Kraft zu setzen, würde die katholische Kirche
wahrscheinlich heute Frauen sogar den Weg zur Priesterweihe öffnen. Aber die
Kirche hat sich in eine Sackgasse hineinmanövriert aus der sie nicht so leicht
hinauskommt.
In
der Kirche der STA gibt es keine Aussage oder Entscheidung, die die Ordination
von Frauen verbieten würde. Im Gegenteil – 1881 wurde bei der Vollversammlung
der Generalkonferenz gesagt, es gibt nichts, was dagegen spräche. Dass die
Kirche heute noch darüber diskutiert ist unnötig und man sollte vielleicht die
Gründe erforschen, warum das heute noch ein Thema ist. Viele Kommissionen und
Studiengruppen haben das Thema von allen Seiten betrachtet. Sie haben festgestellt,
dass weder die Bibel noch die Aussagen von Ellen White eine eindeutige Antwort
geben. Es bleibt eine Entscheidung der Arbeitsrichtlinien.. Mahatma Gandhi
sagte, “Ihr müsst die Veränderung sein, wenn ihr sie in der Welt sehen wollt.“ Richtlinien
können verändert werden. Punkt. Und trotzdem sind wir gerade dabei, in eine
Sackgasse zu fahren
Die
Ordensfrau Anne Béatrice Faye aus Burkina Faso ist Philosophin und Mitglied der
theologischen Kommission bei der Bischofssynode der katholischen Kirche. Sie
sagt, “Es sind die Frauen, die die Kirche in Afrika tragen… Ich denke, dass es
heute selbstverständlich ist, die Beteiligung von Frauen auf der Ebene der
Entscheidungsgremien innerhalb der Kirche anzuerkennen.“[4] Sr. Anne Béatrice stelle sich für die
Zukunft deshalb vor, dass Frauen in der Kirche nicht nur mit „schönen Worten“
unterstützt würden.
Egal in
welcher Kirche, es sind meist die Frauen die nicht nur den Himmel, sondern auch
die Kirche tragen. Sie brauchen mehr als schöne Worte, um ihren Einsatz zu
würdigen.
Foto: Ellen Bisinger
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