Erste weibliche Bischöfin in der alt-katholischen Kirche
Früher dachte
ich, dass "alt" etwas Konservatives ist. Schließlich bewahren
Menschen, die alte Dinge lieben, wie Antiquitäten, Dinge aus der Vergangenheit
auf. Als ich zum ersten Mal von der alt-katholischen Kirche hörte, dachte ich,
sie müsse noch konservativer sein als die römisch-katholische Kirche. Weit
gefehlt! Die Alt-katholiken sind die Progressiven, aber sie blicken zurück auf
die alten Zeiten, als die Kirche egalitär war. Sie haben den alten Glauben der
ersten Kirche wiederbelebt. Nachdem das Erste Vatikanische Konzil (1870) das
Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes eingeführt hatte, wurden die Christen, die
das neue Dogma ablehnten, aus der Kirche ausgeschlossen und nannten sich
Altkatholiken, in Anlehnung an die Alte Kirche, d.h. die ersten christlichen
Kirchengemeinden. Damit wollten sie sich von der "neuen"
römisch-katholischen Kirche mit all den Lehren, die im Laufe der Jahrhunderte
hinzugekommen waren, distanzieren.
Die Kirche
hat heute etwa 70.000 Mitglieder in Deutschland, Österreich, der Schweiz, der
Tschechischen Republik, Polen und den Niederlanden. Die Alt-katholiken brechen
mit vielen Traditionen der römisch-katholischen Kirchen. So gibt es zum
Beispiel kein Zölibat in der alt-katholischen Kirche - und seit etwa 20 Jahren
können auch Frauen zu Priestern geweiht werden. Im Juni 2023 wurde Maria Kubin,
58, zur ersten weiblichen Bischöfin der Alt-katholischen Kirche für Österreich
und seine 8.000 Kirchenmitglieder gewählt.
Die Unzufriedenheit
innerhalb der römisch-katholischen Kirche hat dazu geführt, dass allein im Jahr
2022 mehr als 520.000 Mitglieder aus der Kirche ausgetreten sind, die höchste
Zahl an Kirchenaustritten in einem Jahr. Die alt-katholische Kirche könnte zu
einem Zufluchtsort für diese Gläubigen werden, die auf Reformen hoffen,
insbesondere in Bezug auf die Beteiligung von Frauen in der Kirche und den
Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen.
Auf die
Frage, welches Signal von ihrer Wahl ausgeht, antwortete Maria Kubin: "Ich
glaube, es geht da viel um das Gefühl, dass Frauen innerhalb der
alt-katholischen Kirche nach vorne kommen können. Es wäre gut, wenn das nicht
nur bei uns, sondern auch in der römisch-katholischen Kirche passieren könnte.
Frauen wollen in der Kirche nicht nur in der Bank sitzen oder die Blumen
gießen. Sie wollen gestalten. Aus diesem Grund habe ich viel positive
Rückmeldungen auf meine Wahl bekommen.“
Für einige
konservative Gläubige ist ihre Wahl eine Bedrohung, die an heiligen Traditionen
rüttelt. Kubin hofft, dass mit der Zeit auch diese Menschen verstehen werden,
dass durch diese Wahl nichts Heiliges beschädigt wird. Sie sieht ihre Rolle als
Vorbild für Frauen, die ihrer Berufung zum ordinierten Amt vertrauen. Sie hatte
alle Ämter inne, die eine Frau in der römisch-katholischen Kirche bekleiden
kann, aber das war nicht ihre Berufung. Im Jahr 2008 konvertierte sie zur alt-katholischen
Kirche. Priesterinnen sind in der alt-katholischen Kirche keine Seltenheit,
gelten aber immer noch als etwas Besonderes. Es ist immer eine Herausforderung,
seinen Platz in der männerdominierten Welt zu finden. Kubin möchte andere
Frauen ermutigen, ihren Weg in der Kirche zu finden, damit auch ihre
Nachfolgerin eine Frau wird - oder zumindest eine Frau bei der nächsten Wahl
kandidiert.
Auf die
Frage, inwiefern die alt-katholische Kirche ein Vorbild für andere Konfessionen
sein könnte, antwortete Kubin in einem Interview mit Tobias Eßer: "Natürlich
haben wir es als kleine Kirche viel einfacher damit, einfach mal Dinge
auszuprobieren. In diesem Sinne kann man die römisch-katholische Kirche mit
einem großen Kreuzfahrtschiff vergleichen, wo man jede Bewegung genau planen
muss und das teilweise sehr schwerfällig ist. Die alt-katholische Kirche ist
dagegen eher ein kleines Motorboot, das sich schnell nach links und rechts
bewegen kann und eventuelle Fehler schnell ausgleicht. Um die Frauenordination
oder um Sachen wie die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gab es ja auch
hitzige Diskussionen in unserer anglikanischen Partnerkirche, die ähnlich wie
die römisch-katholische Kirche weltumspannend ist. Die römisch-katholische
Kirche neigt eher dazu, Neues zu verbieten. Die Anglikaner probieren neue Dinge
eher aus. Und wir als Alt-Katholiken können eben schneller zurückrudern als die
großen Kirchen. Also haben wir schon eine Vorbildfunktion.“[1]
An dem, was
Maria Kubin in ihrer Antwort zum Ausdruck brachte, ist viel Wahres dran, auch
für die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Die globale Perspektive der
Kirche wird seit der Abstimmung in Indianapolis 1990 als Vorwand für die
Ablehnung der Frauenordination benutzt. Die Worte "Die globale Kirche ist
noch nicht bereit" wurden so oft benutzt, um den Fortschritt aufzuhalten.
Die Ordination von Frauen als Älteste hat die Kirche nicht gespalten, und die
Ordination von Frauen als Pastorinnen in Regionen, in denen dies möglich ist,
würde dies auch nicht tun. Vielleicht wäre es gut für die Kirche, auf die alten
Zeiten zurückzublicken, als Frauen als Evangelisten und Pastoren akzeptiert
wurden und sogar die Frage ihrer Ordination nicht abgelehnt (1881), sondern
gebilligt wurde. Lassen Sie uns darüber nachdenken, was wir von der Wahl dieser
Frau zur Bischöfin in Österreich lernen können.
Foto: Alt-katholische
Kirche Österreich
[1] https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_100204194/erste-alt-katholische-bischoefin-der-welt-in-oesterreich-nicht-nur-blumen-giessen-.html
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