Sind Füße wichtig?

Vor einiger Zeit entdeckte ich Kate Bushnell und wie sie sich für Frauen in der Gesellschaft eingesetzt hat. Als ich "Daughters of Deliverance" von Lorry Lutz fand, wollte ich unbedingt mehr über das Leben dieser oft übersehenen, aber erstaunlichen Frau lesen. Als Ärztin und Missionarin, Sprecherin der Woman's Christian Temperance Union und leidenschaftliche Verfechterin der Befreiung von Frauen aus der Zwangsprostitution sah Kate Bushnell die entsetzliche Situation vieler Frauen. Vorgeschlagen als leichte Sommerlektüre, versetzte mich das Buch in das Jahr 1879 zurück, als Katherine Bushnell berufen wurde, als Ärztin in China zu arbeiten, aber es war keineswegs leichte Lektüre. Fesselnd, ja. Herzzerreißend, bestimmt. Ihre Jahre in China sollten Kate dazu führen, ihre Berufung zu finden, nicht nur die Körper der Menschen zu heilen, sondern sich für die Befreiung der Frauen von den kulturellen Beschränkungen des Patriarchats einzusetzen. Sie wollte mit ihrem Leben etwas bewirken.

Ich frage mich, ob wir heute wissen, wie schmerzhaft das Leben für Mädchen und Frauen in China gewesen sein muss, wo ihre Füße gefesselt und deformiert waren. Hunderte, vielleicht Tausende Jahre lang verlangte die chinesische Kultur, dass die Füße der Frauen klein sein und in schön bestickte Hausschuhe (Lotusschuhe) passen mussten. Ab dem sechsten Lebensjahr wurden die Mädchen zu einer Fußbinderin gebracht, die ihre Füße brach und festband, um sie am Wachstum zu hindern. Selbst die Frauen hielten es für völlig normal, ihre Töchter leiden zu lassen, damit sie einen guten Ehemann finden konnten. Sie waren kaum in der Lage, auf ihren verformten Füßen zu gehen. Jeder Schritt muss eine Qual gewesen sein. Wir vergessen, wie wichtig unsere Füße und Zehen sind, wenn alles in Ordnung ist. Ich habe mir einmal den großen Zeh gebrochen und merkte, wie schmerzhaft jeder Schritt wurde. Ich bin schockiert, wie die chinesischen Frauen wegen ihrer verstümmelten Füße gelitten haben müssen. Sie wurden entmündigt, nutzlos und schwach gemacht.

Die Hälfte der chinesischen Bevölkerung musste aufgrund einer patriarchalischen Tradition leiden. Nach Konfuzius waren die Männer himmlisch, hell und stark und die Frauen irdisch, dunkel und schwach. Die Frauen wurden von den Männern kontrolliert. Sie mussten ihren Vätern, Ehemännern und Söhnen gehorchen und dienen und wurden als deren Eigentum und Dienerinnen betrachtet. Kate Bushnell erkannte, dass sogar das Christentum dem Missbrauch von Frauen entgegenkam, indem es sie aus der chinesischen Bibelübersetzung strich, nur um der patriarchalischen Kultur gerecht zu werden. Die Missionare hatten Angst, Dinge in der chinesischen Kultur anzusprechen, die Frauen einschränkten (wie das Fußbinden), weil sie befürchteten, dass die Kinder aus den christlichen Schulen genommen würden. Auch die Bibelübersetzer hatten sich gescheut, Bibeltexte korrekt zu übersetzen, in denen Frauen eine Rolle spielen. Für Katherine Bushnell war die Entdeckung der Streichungen und Änderungen in Bezug auf Frauen in der chinesischen Bibel ein Katalysator, der sie zu einem lebenslangen Studium aller Bibeltexte über Frauen führte. Sie wollte den Menschen helfen zu verstehen, wie befreiend das Christentum für alle sein sollte.

Trotz des Widerstands, den Kate Bushnell von einigen anderen Missionaren erfuhr, die keinen Aufruhr verursachen wollten, indem sie die herrschende chinesische Kultur ihrer Zeit kritisierten, war es schließlich die Kirche, die als erste die chinesischen Frauen befreite. Frauen waren dem Vater unterworfen, ihre Füße waren gefesselt, was ihre Bewegungsfreiheit einschränkte, und auch in der Ehe waren sie ihren Ehemännern unterworfen. Die drei Schwerpunkte der Frauenemanzipation in China bestanden in der Befreiung des Geistes, der Füße und der Beschränkungen der Ehe. Die Kirche konzentrierte sich in dieser Hinsicht auf die Bildung und richtete Schulen für Mädchen ein. "Die Frauenschulen der christlichen Kirche brachten die ersten intellektuellen und berufstätigen Frauen in China hervor, die die Pionierinnen der Frauenbefreiungsbewegung in China waren." [1]

Die Worte "Frauen tragen die Hälfte des Himmels" werden Mao Tsetung zugeschrieben. Wenn man bedenkt, dass Mao Tsetung erkannt hat, dass die Frauen die Hälfte des Himmels tragen, ist auch klar, warum er die Hälfte der Bevölkerung nicht außen vorlassen wollte. Das Binden der Füße war zur Zeit der kommunistischen Revolution in China von den meisten aufgegeben worden, aber es war eines der ersten Dinge, die vom neuen Regime verboten wurden. Die Ziele für Frauen im kommunistischen China (ab 1949) sind die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen, Bildung für Frauen und die Freiheit der Ehe für Frauen. So können die Frauen in China ein selbstbestimmtes Leben führen.

Auch in der Kirche tragen Frauen die Hälfte des Himmels, wenn nicht sogar mehr. Die Verfolgung hat zu einem starken Wachstum der chinesischen Kirche geführt, aber es ist auch auf den Einfluss von Pastorinnen zurückzuführen, die für die Kirchen und ihre Mitglieder verantwortlich sind. Frauen sprechen die Menschen anders an als Männer. Derzeit gibt es in der chinesischen Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten etwa 26 ordinierte Pastorinnen, die froh sind, dass die Kontroverse über die Frauenordination in der Weltkirche sie nicht betrifft und sie ihre Arbeit trotzdem tun können.

Der Apostel Paulus benutzte mehrmals die Metapher des Leibes, um die Gemeinschaft der Gläubigen zu beschreiben. Er zeigte, wie alle Teile des Leibes zusammenarbeiten, damit der Leib richtig funktionieren kann. In ähnlicher Weise sollten alle Glieder der Kirche, des Leibes Christi, als wichtige Teile behandelt werden, weil alle mit demselben Geist getauft sind. "So bildet ihr gemeinsam den Leib von Christus, und jeder Einzelne gehört als ein Teil dazu.“[2] Ein Körper kann nicht funktionieren, wenn die Hälfte seiner Organe/Glieder eingeschränkt ist oder fehlt.

Sind Füße wichtig? Wir haben vielleicht das Leid vergessen, das durch deformierte Füße verursacht wurde, aber wir daraus sollten lernen, kein Leid in anderen Bereichen zu verursachen, in denen der Beitrag und die Wirksamkeit von Frauen eingeschränkt sind. Füße mögen unwichtig erscheinen, aber wenn sie schmerzen, schmerzt der ganze Körper. Lasst uns den Leib Christi nicht verletzen, indem wir die scheinbar unwichtigen Teile vernachlässigen.

 

Foto: Underwood & Underwood, London & New York - Women Of All Nations, Seite 532, MCMXI (1911) Wikipedia



[1] Chinese Christian Church Yearbook 1914

 

[2] 1Korinther 12,27 NLB

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