Die
Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) wählt Frau zu ihrer Präsidentin
Anfang März 2020 traf ich mich
mit den ehemaligen Leiterinnen der Abteilung Frauen in den Deutschsprachigen
Ländern in Zürich. Wir hatten viele Jahre zusammen gearbeitet und eine echte
Freundschaft war entstanden. Auf unserem Tagesprogramm stand der Besuch einer
Ausstellung in einer Reformierten Kirche. Die Ausstellung hieß „Die Illegale
Pfarrerin.“ Mit Bild und Ton in Guckkästen wurde die Lebensgeschichte von Greti
Caprez-Roffler (1906 – 1994) dargestellt, die erste vollamtliche Pfarrerin der
Schweizer Reformierten Kirche.
Am 13. September 1931 wählte das Bergdorf Furna im Prättigau eine Frau zur
Pfarrerin gegen die herrschenden Gesetze. Diese Frau war die 25-jährige Greti
Caprez-Roffler, frisch gebackene Theologin und Mutter. Sie war eine
außergewöhnliche Frau, die im Dorf Skihosen für Mädchen einführte und ihren
Söhnen das Stricken beibrachte. Den kantonalen Behörden passte die Pfarrerin
nicht, und konfiszierten das Kirchgemeindevermögen. Trotzdem arbeitete Greti für
«Gottes Lohn» weiter. Erst 1963 wurde Greti Caprez-Roffler ordiniert, zusammen
mit 11 weiteren Theologinnen im Grossmünster in Zürich.
Wir waren alle beeindruckt von
dieser Frau, die sich berufen wusste, das Wort Gottes zu verkünden und ihren
Weg unbeirrt ging, gegen alle Widerstände. Als ich am Ende des Tages in den Zug
nach Hause stieg, öffnete ich das Buch ‚Die illegale Pfarrerin‘, geschrieben
von der Enkelin Christina Caprez, und wusste, dass die Geschichte dieser Frau
mich lange begleiten würde.
Heute wurde ich wieder an Greti
Caprez-Roffler erinnert, als ich erfuhr, dass die Evangelisch-Reformierte Kirche
der Schweiz eine Frau zu ihrer Präsidentin gewählt hat. Die Schweizer Frauen
haben es in den letzten fast 90 Jahren weit gebracht. Bei einer virtuellen
Herbstsynode in Bern erreichte Rita Famos im ersten Wahlgang mit 47 Stimmen die
absolute Mehrheit.
Mit der Wahl von Rita Famos steht
nun zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der nationalen Glaubensgemeinschaft.
Nach ihrer Wahl sagte sie in einer Videobotschaft, sie sei sehr glücklich über
das in sie gesetzte Vertrauen. Sie werde die Ärmel hochkrempeln und dazu
beitragen, dass sich die evangelische Kirche gemeinsam bewege. Es gilt
zusammenzustehen und im Vertrauen auf Gottes Kraft den Dienst in der Nachfolge
Christi zu leisten.
Dies ist eine gute Nachricht für
diejenigen, die sich in den Kirchen nach Gleichberechtigung sehnen. Die Reformierte
Kirche hat sich seit der ersten illegalen Pfarrerin Greti Caprez-Roffler bewegt
und dazu gelernt. Es gibt auch andere Kirchen, in denen Frauen leitende
Positionen bekleiden oder bekleidet haben. Die Heilsarmee wurde von einer Frau
mit ihrem Mann zusammen gegründet und hat bis heute verschiedene weibliche
Generäle gehabt. In Deutschland war Margot Kässmann Ratsvorsitzende der
Evangelischen Kirche in Deutschland.
Es geht dabei nicht um einen
Machtkampf zwischen Männern und Frauen, sondern darum, dass Gott nach seinem
Willen Menschen in Seinen Dienst beruft, ohne auf ihr Geschlecht zu achten, und
sie ihre Gaben ihm zur Verfügung stellen. Da bin ich beschämt, dass dies in
meiner Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten immer noch nicht
selbstverständlich ist. Die Diskussion um die Ordination von Frauen zum
Predigtamt ist noch nicht gelöst, obwohl die Frage 1881 schon zum ersten Mal
offiziell angesprochen wurde. Die Weltsynode, die auf 2021 wegen der Pandemie
verschoben wurde, hat aufgrund der Arbeitsrichtlinien der Kirche gar nicht die
Möglichkeit, eine Frau in das höchste Amt zu berufen. Und doch gibt es immer
noch die Frauen, die sich wie Greti Caprez von Gott ins Predigtamt berufen wissen,
die ihren Dienst tun, auch wenn sie nicht mit ihren männlichen Kollegen gleich
behandelt werden.
Photo: Greti Caprez-Roffler, Wikipedia
The Evangelical
Reformed Church of Switzerland (EKS) elects a Woman as its President
At the beginning of March 2020, I
met with former leaders of the Women‘s Ministries Department in the German-speaking
countries in Zurich. We had worked together for many years and a real
friendship had developed. On our program fort he day was a visit to an
exhibition in a Reformed Church. The exhibition was called "The Illegal
Pastor. The life story of Greti Caprez-Roffler (1906 - 1994), the first
full-time pastor of the Swiss Reformed Church, was presented with pictures and
audio reports in peep-boxes.
On September 13, 1931, the mountain
village of Furna in the Prättigau elected a woman as their pastor against the
prevailing laws. This woman was the 25-year-old Greti Caprez-Roffler, a newly
graduated theologian and mother. She was an extraordinary woman who introduced
ski pants for girls in the village and taught her sons to knit. The cantonal
authorities did not want a female theologian in the parish, and confiscated the
parish funds. Nevertheless, Greti continued to work for "God's
reward". It took until 1963 for Greti Caprez-Roffler to be ordained,
together with 11 other female theologians, in the Grossmünster in Zurich.
We were all impressed by this
woman who followed her calling to proclaim the Word of God and pursued her way
unwaveringly, against all odds. When I opened the book 'The Illegal Pastor',
written by the granddaughter Christina Caprez, on the train on my way home at
the end of the day, I knew that the story of this woman would inspire me for a
long time.
Today I was again reminded of
Greti Caprez-Roffler when I learned that the Evangelical Reformed Church of Switzerland
has elected a woman as its president. Swiss women have come a long way in the
last almost 90 years. At a virtual autumn synod in Bern, Rita Famos achieved an
absolute majority of 47 votes in the first ballot.
The election of Rita Famos is the
first time that a woman has been elected president of this national religious
community. After her election she said in a video message that she was very
happy about the trust placed in her. She will roll up her sleeves and help to
ensure that the Protestant Church moves forward together. It is important to
stand together and, trusting in God's power, to serve in the following of
Christ.
This is good news for those who
long for gender equality in the churches. The Reformed Church has moved and
learned since the first illegal pastor Greti Caprez-Roffler. There are also
other churches where women hold or have held leading positions. The Salvation
Army was founded by a woman together with her husband and has had several
female generals. In Germany, Margot Kässmann was president of the council of
the Lutheran Church in Germany (EKD).
It is not a power struggle
between men and women, but about God calling people into His service according
to His will, without regard to their gender, and making their gifts available
to Him. I am ashamed that this is still not a matter of course in my
Seventh-day Adventist Church. The discussion about the ordination of women to
the gospel ministry has not been resolved although it was addressed officially for
the first time in 1881. The General Conference Session, which has been postponed
to 2021 because of the pandemic, does not even have the possibility of
appointing a woman to the highest office, due to the working policy of the
Church. And yet there are still women in ministry, who serve even if they are not
treated equally with their male colleagues.
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