Gemeinsam gegen den Hass


Egal welchen Beitrag ich im Facebook lese, finde ich in den Reaktionen immer wieder widerliche, hasserfüllte Kommentare, die gegen die Netikette verstoßen. Der Hass, der dabei zum Vorschein kommt, macht mir Angst. Nicht weil ich mich selbst bedroht fühlen würde, aber weil er zeigt, wie wenig Respekt Menschen voreinander heute haben. Unter dem Mantel der Meinungsfreiheit tummeln sich allerlei Extremisten in den sozialen Medien. In der Anonymität ist es leicht, andere zu verdammen, bedrohen und beleidigen. Solchen Menschen möchte ich nicht persönlich begegnen, aber im Netz kann ich mich kaum vor ihren Äußerungen schützen. Das hat mit freier Meinungsäußerung nicht viel zu tun, denn solches Verhalten verstößt gegen die Würde des Menschen die laut unserem Grundgesetz unantastbar ist.

Als Deutsche achten wir allgemein sehr darauf, dass sich unsere menschenverachtende Geschichte nicht wiederholen darf. Allerdings nimmt die Zahl der antisemitischen Vorfälle ständig zu und die Regierung und Politiker scheinen dem Trend nichts entgegenzusetzen haben. Sie trösten sich damit, dass es sich um eine Minderheit handelt, die sich so verhält. Nicht nur in Deutschland beobachten wir, dass reaktionäre und nationalistische Parteien Zulauf haben. Diese Entwicklung macht vielen Angst.

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, ist 2010 von Amerika nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem reist sie durchs Land, um mit jungen Menschen zu sprechen und ihnen als eine der wenigen noch lebenden Zeitzeugen von den Verbrechen der Nazis zu berichten. In einem Interview mit Markus Lanz am 9. September 2021 sagte sie, „Es ist dieser Hass, der Menschen nicht als Menschen anerkennt. Man kann nicht alle Menschen lieben, aber Respekt gehört allen Menschen, ganz egal welche Hautfarbe, welche Religion sie haben. Was ich immer sage: Es gibt kein jüdisches, kein christliches, kein moslemisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Wir sind alle gleich. Wir kommen alle gleich auf diese Welt. Wir sind alle nur Menschen.“ Sie möchte warnen, damit so etwas nie wieder passiert.

Als ich in Budapest am Ufer der Donau das Denkmal für die Juden sah, die dort erschossen und in die Fluten geworfen wurden, konnte ich es auch kaum fassen, dass Menschen so etwas tun können. Die Opfer waren gezwungen, am Ufer der Donau Schlange zu stehen. Dann wurden sie im besten Fall in den Hinterkopf geschossen. Die Installation die seit April 2005 dort in unmittelbarer Nähe des Parlaments eingerichtet ist, besteht aus Schuhen von Männern, Frauen und Kindern, die an die Ermordeten erinnern sollen. Uns wird immer wieder gesagt, dass wir einen Menschen nicht verurteilen sollten, wenn wir nicht einen Monat in seinen Mokassins gelaufen sind. Vielleicht würden wir uns auch anders verhalten, wenn wir uns überlegen würden wie es war, in diesen Schuhen am Donauufer zu laufen.

Papst Franziskus hat bei seiner Visite in Budapest am 12. September 2021 die Christen zur Einheit gerufen, vor Antisemitismus in Europa gewarnt und für Geschwisterlichkeit und Frieden geworben. „Wir müssen uns gemeinsam um eine Erziehung zur Geschwisterlichkeit bemühen, damit der immer wieder aufkommende Hass, der die Geschwisterlichkeit zerstören will, nicht die Oberhand gewinnt. Ich denke dabei an die Bedrohung durch den Antisemitismus, der immer noch in Europa und anderswo schwelt", so der Papst.

Papst Franziskus verlieh in seiner Ansprache seiner Hoffnung nach einem Zusammenleben von Juden und Christen „in gegenseitigem Respekt, menschlichem Verständnis und wahrer brüderlicher Liebe" Ausdruck und rief eindringlich zu Geschwisterlichkeit auf: „Ihr, Juden wie Christen, wollt im Anderen nicht länger einen Fremden, sondern einen Freund sehen – nicht länger einen Gegner, sondern einen Bruder und eine Schwester. Das ist die von Gott gesegnete Veränderung der Sichtweise, die Umkehr, die einen neuen Anfang ermöglicht, die Reinigung, die das Leben erneuert." [1]

Einander respektieren und freundlich miteinander umgehen fällt in dieser so gespaltenen Welt vielen scheinbar schwer. Wir sollten aber nicht aufgeben, sondern mit einem guten Vorbild vorangehen. Ich will gerne glauben, dass die Mehrheit der Bevölkerung aus anständigen, respektvollen Menschen besteht. Gleichzeitig müssen wir alles daransetzen, dass die Diktatur des Hasses gestoppt wird. Das können wir nur gemeinsam schaffen.

 

 


Foto: H.Ottschofski

[1] https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2021-09/papst-franziskus-budapest-rede-oekumene-juden-ungarn-frieden.html

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