Ein Rückblick auf das Jahr 2021
Ein von UN
Women in den letzten Tagen des Jahres veröffentlichter Artikel, der auf Ereignisse
einging, die für die Gleichstellung der Geschlechter im Jahr 2021 bedeutsam
waren, hat gestern meine Aufmerksamkeit erregt. In der Regel hören wir eher von
den schlechten Nachrichten, aber im vergangenen Jahr gab es für Frauen auch
einige gute Entwicklungen. Ich möchte über einige Entwicklungen und Ereignisse
reflektieren.
Die politische Welt
Es gibt bereits
mehrere Frauen an der Spitze von Staaten, aber 2021 haben acht weitere Länder
ihre ersten weiblichen Staats- oder Regierungschefinnen gewählt oder vereidigt,
wobei in Barbados, Estland und Moldawien zumindest für einen Teil des Jahres sowohl
das Amt des Präsidenten als auch des Premierministers von einer Frau erfüllt
wurde. Kaja Kallas trat im Januar ihr Amt als Estlands erste Premierministerin
an. Samia Suluhu Hassan wurde im März die erste weibliche Präsidentin
Tansanias. Im Mai wurde Fiamē Naomi Mata'afa zur Premierministerin von Samoa
gewählt. Im Juni wurde Robinah Nabbanja für das Amt der Premierministerin von
Uganda nominiert. Najla Bouden Ramadhane wurde im September zur
Premierministerin von Tunesien ernannt und ist damit die erste Frau an der
Spitze eines Landes in der arabischen Region. Bei den ersten Präsidentschaftswahlen
in Barbados im Oktober 2021 wurde Sandra Mason die erste Präsidentin überhaupt des
Landes. Das schwedische Parlament wählte im November Magdalena Andersson zur
Premierministerin. Im Dezember wurde Xiomara Castro zur Präsidentin von
Honduras gewählt, die ihr Amt offiziell 2022 antreten wird. Im Januar trat
Kamala Harris ihr Amt als erste weibliche Vizepräsidentin der Vereinigten
Staaten an. Harris ist auch die erste schwarze und asiatische Amerikanerin, die
dieses Amt bekleidet.
In einigen
dieser Länder ist die Wahl einer Frau in eine nationale Führungsposition etwas,
was wir angesichts der dortigen Kultur (noch) nicht erwartet hätten. Für Frauen
in der Politik war das Jahr 2021 ein gutes Jahr. Albanien hat ein Kabinett mit
einem Frauenanteil von 70 %, Deutschland hat sein erstes
geschlechterparitätisches Kabinett, und der Irak und der Kosovo haben ihre
Geschlechterquoten für das Parlament überschritten. Im Mai wurde in Chile die
weltweit erste genderparitätische verfassungsgebende Versammlung gewählt, was
nach Ansicht von Aktivisten einen neuen globalen Standard setzen könnte. Im
isländischen Parlament sind 47,6 % der Mitglieder Frauen. Derzeit gibt es
weltweit nur fünf Länder mit Parlamenten, in denen mindestens die Hälfte der
Sitze von Frauen besetzt ist. An der Spitze steht Ruanda mit einem Frauenanteil
von 61,3 % im Unterhaus. Es folgen Kuba mit 53,4 %, Nicaragua mit 50,6 % sowie
Mexiko und die Vereinigten Arabischen Emirate mit 50 %. In vielen Ländern gibt
es noch Raum für Verbesserungen. Im britischen Unterhaus beträgt der
Frauenanteil nur 34,2 % und im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten nur
27,6 %. Im neuen deutschen Parlament sind 34,7 % der Abgeordneten Frauen.
Am 1. März
2021 trat die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala ihr Amt als Generaldirektorin
der Welthandelsorganisation (WHO) an. Diese Wahl ist in mehrfacher Hinsicht
einzigartig. Dr. Okonjo-Iweala ist die erste Frau in dieser Position. Sie ist
auch die erste Afrikanerin an der Spitze der WHO. Auch der Internationale
Währungsfonds hat seine Chefvolkswirtin Gita Gopinath Anfang 2022 zur
zweithöchsten Beamtin ernannt.
UN Women hat
einige großartige Frauen an der Spitze der Organisation gesehen, und es ist gut
zu wissen, dass die Stärkung der Rolle der Frau ein zentrales Thema bei den
Vereinten Nationen ist. Im Jahr 2021 ernannte der Generalsekretär der Vereinten
Nationen, António Guterres, die Jordanierin Sima Sami Bahous zur
Exekutivdirektorin von UN Women als Nachfolgerin von Phumzile Mlambo-Ngcuka und
setzte damit die Tradition fort, die geeignetste Person zu ernennen.
Mit mehr
Frauen in Führungspositionen hoffen wir auf die Verabschiedung von Gesetzen,
die dazu beitragen, frauenfeindliche Einstellungen und Traditionen, die es in
unserer Welt immer noch gibt, zu beseitigen. In Spanien wurde ein Gesetz
verabschiedet, das jeden nicht einvernehmlichen Sex als Vergewaltigung
definiert. Außerdem werden Belästigung auf der Straße und weibliche
Genitalverstümmelung als Straftaten eingestuft und Haftstrafen für sexuelle
Belästigung am Arbeitsplatz eingeführt.
Der Höhere
Islamische Rat im Libanon billigte eine Änderung des Familienrechts,
einschließlich eines neuen Kapitels über die Heirat von Minderjährigen. Die
neue Gesetzgebung verbietet die Heirat von Kindern unter 15 Jahren und schreibt
vor, dass Mädchen ihre Zustimmung zur Heirat geben müssen, andernfalls kann die
Ehe annulliert werden.
Ein Rückblick
auf das Jahr 2021 ist nicht möglich, ohne auf die verheerenden Auswirkungen des
COVID-19-Virus hinzuweisen. Frauen haben als Gesundheitspersonal und Ärztinnen
eine immense Leistung gebracht, aber sie waren auch in der Forschung und
Innovation führend. Bei der Entwicklung von Impfstoffen war die Forschung von
Frauen wie Kizzmekia Corbett, Katalin Karikó, Özlem Türeci und anderen ein
entscheidendes Instrument im Kampf gegen die Pandemie.
Das von UN
Women einberufene und von den Regierungen Frankreichs und Mexikos gemeinsam
veranstaltete Generation Equality Forum war ein entscheidender Moment für die
Frauenrechts- und Gleichstellungsbewegungen, insbesondere wenn es um die
Auswirkungen von COVID-19 in der Welt betrachtet werden.
Dies sind nur
einige der positiven Entwicklungen des vergangenen Jahres. Ich könnte noch mehr
erwähnen, zum Beispiel die geschlechterparitätischsten Olympischen Spiele der
Geschichte in Tokio. Aber andere Dinge brechen mir das Herz, wenn ich an die
betroffenen Frauen denke. Die afghanischen Frauen, die 20 Jahre lang in
Freiheit gelebt haben, wurden aller Möglichkeiten beraubt, in ihrem Land etwas
zu bewirken. Als Kabul an die Taliban fiel, wurde ihr Leben drastisch verändert.
Mädchen dürfen keine weiterführenden Schulen mehr besuchen, Frauen dürfen nicht
mehr arbeiten, und die Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Dennoch gingen viele
afghanische Frauen aus Protest auf die Straße, und andere, insbesondere
Richterinnen, fürchten um ihr Leben. In Weißrussland versuchten Frauen eine
friedliche Revolution, und viele, wie Maria Kolesnikova, zahlen einen hohen
Preis für ihren Kampf für Demokratie und Freiheit. Wir sollten diese mutigen
Frauen nicht vergessen, nur weil die Nachrichtensendungen zu anderen
Ereignissen übergegangen sind.
Die religiöse Welt
Am 21.
Februar 2021, dem Sonntag vor der jährlichen katholischen Bischofskonferenz in
Deutschland, haben Frauen der Initiative Maria 2.0 neue Thesen an Kirchen- und
Domtüren in ganz Deutschland befestigt. In ihren sieben Thesen fordern sie
unter anderem gleiche Rechte für Männer und Frauen, gemeinsame Verantwortung,
respektvollen Umgang und Transparenz. Die katholische Kirche ist sich der Notwendigkeit
bewusst, Frauen einzubeziehen und ihnen eine größere Rolle zu geben.
In einem
Interview, das im September 2021 über Radio Vatikan ausgestrahlt wurde, sagte
Kardinal Walter Kasper: "Man kann nicht einfach die Hälfte der Menschheit
ausschließen! Frauen haben da einen großen Beitrag zu leisten, sie sehen viele
Dinge anders und packen viele Dinge anders an als wir Männer, und das kann sich
dann ergänzen". Doch hält der deutsche Kardinal das Thema Frauenordination
noch nicht für reif, weil es nur gesamtkirchlich entschieden werden kann.
Allerdings tagte die Herbstbischofskonferenz 2021 unter der Leitung der neuen
Generalsekretärin, Dr. Beate Gilles. Papst Franziskus hat immer mehr Frauen in
Führungspositionen im Vatikan berufen und hofft, dass diese Beteiligung als ein
Zeichen der Öffnung der Kirche für Frauen gesehen wird. Schwester Anne Béatrice
Faye, eine Nonne aus Burkina Faso, ist Philosophin und Mitglied der
theologischen Kommission bei der Bischofssynode der katholischen Kirche. Sie
sagt: "Es sind die Frauen, die die Kirche in Afrika tragen... Ich denke,
dass es heute selbstverständlich ist, die Beteiligung von Frauen auf der Ebene
der Entscheidungsgremien innerhalb der Kirche anzuerkennen."
Der
Lutherische Weltbund begrüßte seine neue Generalsekretärin Pfarrerin Anne
Burghardt (45), eine Theologin und Pastorin der Estnischen Evangelisch-Lutherischen
Kirche, die am 1. November 2021 die Leitung der weltweiten Gemeinschaft
übernahm.
In
Deutschland wird die Evangelische Kirche (EKD) nun ebenfalls von drei Frauen
geführt. Die Synode der EKD wählte die Präses der Evangelischen Kirche von
Westfalen, Dr. Annette Kurschus (58), für die nächsten sechs Jahre an die
Spitze des deutschen Protestantismus. Ihre Stellvertreterin ist ebenfalls eine
Frau, Pfarrerin Kirsten Fehrs. Die 25-jährige Masterstudentin der
Geisteswissenschaften, Anna-Nicole Heinrich, war im Mai die jüngste Präses der
EKD-Synode. Dieses höchste Laienamt im deutschen Protestantismus wurde bisher
von prominenten Politikern und Akademikern besetzt.
In der
Schweiz wählte die Evangelisch-reformierte Kirche im November 2020 Rita Famos
zu ihrer Präsidentin, was nicht mehr ganz zum Geschehen im Jahr 2021 gehört.
Aber es zeigt, dass Frauen in vielen Kirchen in Führungspositionen berufen
werden.
Was ist mit den Siebenten-Tags-Adventisten?
Die Kirche
der STA ist dafür bekannt, dass sie es Frauen schwermacht, in Führungspositionen
zu gelangen. Die Kirche beschäftigt sich seit langem mit der Frage der
Frauenordination. Der offizielle Standpunkt der Generalkonferenz ist, dass
beauftragte Pastoren, ob Männer oder Frauen, praktisch alles tun können, was
ein ordinierter Pastor tut. Aber Pastorinnen werden nicht ordiniert. Die
Ordination ist jedoch die Voraussetzung für die Ernennung zum Präsidenten einer
kirchlichen Verwaltungseinheit. Im Jahr 2015 stimmten die Delegierten der
Generalkonferenz der Siebenten-Tags-Adventisten dagegen, dass die regionalen Verwaltungen
(Divisionen) entscheiden können, ob sie in ihren Regionen Pastorinnen
ordinieren wollen oder nicht.
Im Jahr 2021
haben einige Verbände ihre Bemühungen aufgegeben, in dieser Angelegenheit
konform zu sein, und haben dafür gestimmt, Männer und Frauen gleich zu
behandeln. Der Norddeutsche Verband stimmte am 25. April für die Umsetzung
eines bereits 2012 gefassten Beschlusses, der bis dahin auf Eis lag. Am 6. Dezember
stimmte der Vorstand des Süddeutschen Verbandes dafür, die gleichberechtigte
Ordination von Männern und Frauen im pastoralen Dienst zuzulassen. Damit hat
die Kirche die Ordinationspraxis in ganz Deutschland vereinheitlicht. Die
Leitung der Intereuropäischen Division erklärte, dass sie "einen Beschluss
gegen ein Votum, das auf einer Generalkonferenz getroffen wurde, nicht
unterstützt." Andererseits erklärte sie aber auch, dass "eine der
wichtigsten Lektionen, die die adventistische Kirche lernen sollte, darin
besteht, dass der beste Weg, eine Lösung für eine so heikle Angelegenheit zu
finden, darin besteht, ihre Lösung der Verwaltung der jeweiligen Region der
Welt anzuvertrauen, ähnlich wie die Entscheidung über die Ordination von
Gemeindeältesten vor etwa einem halben Jahrhundert."
Die Mittelamerikanische
Union der Nordamerikanischen Division stimmte 2021 ebenfalls dafür,
Ordinationsempfehlungen ihrer Vereinigungen ohne Rücksicht auf das Geschlecht
zu akzeptieren und schloss sich mit dieser Haltung der Columbia Union und der
Pazifischen Union an.
Der Beschluss
des Exekutivausschusses der Südamerikanischen Division vom 8. Juli 2021, die
Ordination von Frauen als Gemeindeälteste in Ortsgemeinden auf allen ihren
Gebieten zu genehmigen, war ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
In vielen
Teilen der Welt gibt es eine wachsende Zahl von Frauen in Führungspositionen.
Die Süd-Puerto-Rico-Vereinigung hat ihre erste Pastorin angestellt: Abigail
Babilonia wurde zur Leiterin der Jugendarbeit, zur Leiterin von ADRA und zur
Pastorin einer Gemeinde ernannt.
Sandra E.
Roberts, die erste weibliche Exekutivsekretärin einer Union in der
nordamerikanischen Division, wurde zur Exekutivsekretärin der Pacific Union
Conference gewählt. Celeste Ryan Blyden (51), wurde am 11. November 2021 zur
neuen Exekutivsekretärin der Columbia Union gewählt. Sie ist die erste Frau,
die je zur Exekutivsekretärin der Columbia Union Conference gewählt wurde.
Führende adventistische Universitäten und Hochschulen haben Frauen als
Präsidentinnen. Die Australische Union hat die Unterstützung für Frauen im
Dienst verstärkt. In der Südpazifik-Division sind Frauen nicht nur seit
geraumer Zeit als Pastorinnen tätig, sondern die pazifischen Inseln nehmen auch
eine Vorreiterrolle bei Frauen in Leitung ein. Die Transpazifische Unionsmission
(TPUM) hat Naomi Booia zur Exekutivsekretärin der kiribatischen Mission ernannt
– als erste Frau in dieser Position. Naomi Booia, die derzeit als
Theologiedozentin am Fulton Adventist University College tätig ist, wird ihr
Amt Mitte nächsten Jahres antreten. TPUM-Präsident Pastor Maveni Kaufononga
begrüßte die Ernennung. "Für mich ist dies ein großer Erfolg für unsere
Arbeit in Kiribati", sagte er. "Wir haben zu wenig Pastoren in Kiribati,
und Naomi wird ein Vorbild für unsere Frauen sein, die sich als Pastorinnen
einbringen könnten, was die Arbeit in Kiribati voranbringen wird. Es gibt viele
Frauen in Kiribati, die sich in der Regierung und im Privatsektor engagieren,
warum nicht auch in der Kirche?" Dies ist eine berechtigte Frage, und die
Kirche sollte eine gute Antwort finden, wenn sie relevant sein will.
Schlussfolgerung
Wir werden
abwarten müssen, wie die Leitung der Generalkonferenz auf einige dieser
Entscheidungen reagiert. Kann sie sich immer noch weigern, Gottes Berufung und
die Gaben, die er den Frauen gibt, anzuerkennen? Wir sind aufgerufen, dafür zu
beten, dass der Heilige Geist auf die Herzen und den Verstand der Kirchenleitung
einwirkt, damit sie erkennen, wie Gott die Gaben der Frauen in Dienst und
Leitung einsetzen will.
Es hat zwar
viele Entwicklungen gegeben, für die wir dankbar sein können, aber es bleibt
noch viel zu tun, um die Welt geschlechtergerechter zu machen. Lasst uns nicht
aufgeben, sondern das Jahr 2022 mit neuem Mut und Enthusiasmus beginnen, auch
wenn wir vielleicht keine großen Fortschritte sehen.
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